Zum ersten Mal ist in der 3. Liga der „Pitch of the Year“-Award verliehen worden. Die Auszeichnung für das beste Spielfeld ging an die SpVgg Unterhaching, am gestrigen Montagabend wurde die Trophäe im Rahmen des Derbys gegen den TSV 1860 München offiziell vom DFB übergeben. Im Interview mit DFB.de spricht Sepp Lindermayer, Leiter Infrastruktur bei den Hachingern, über die Auszeichnung, über besondere Platzpflege, Trainerwünsche und darüber, was einem Greenkeeper die größten Sorgen bereitet.
DFB.de: Herr Lindermayer, seit Juli sind Sie bei der SpVgg Unterhaching der Leiter der Infrastruktur. Bereits seit 2018 kümmern Sie sich um die Pflege des Platzes. Wie wird man überhaupt Greenkeeper?
Sepp Lindermayer: Ich bin gelernter Landschaftsgärtner und habe im Garten- und Landschaftsbau meinen Techniker gemacht. Greenkeeper an sich ist eine Fortbildung, die zwölf Wochen dauert. Das heißt, die meisten Greenkeeper*innen haben vorher einen „grünen“ Beruf erlernt. Bei mir war es so, dass ich mich schon immer für Rasen interessiert habe und sehr fußballbegeistert bin. Nach der Lehre war ich dann erst bei einem Golfclub angestellt und habe dort meine Rasenleidenschaft wiederentdeckt. Für mich war auch klar, dass ich irgendwann mal beim Fußball landen möchte. Natürlich gehören da immer ein bisschen Zufall und Glück dazu. Die Allianz Arena hatte damals eine Stelle ausgeschrieben, auf die ich mich beworben und dann auch bekommen habe. Danach arbeitete ich noch während der WM 2006 auf dem Betzenberg und fast zehn Jahre als Leiter Greenkeeping beim FC Ingolstadt. In den vergangenen Jahren war ich für ein Unternehmen tätig, das Hybridplätze in ganz Europa baut. Nun bin ich als Leiter der Infrastruktur bei der SpVgg Unterhaching nicht nur für den Rasen, sondern auch für alle anderen Liegenschaften zuständig.
DFB.de: Wie groß ist Ihr Team in Unterhaching?
Lindermayer: Wir sind momentan zu viert. Neben mir gibt es noch zwei weitere festangestellte Mitarbeiter und einen 450-Euro-Jobber. Insgesamt kümmern wir uns um fünf Rasenplätze: den Stadionrasen, die Trainingsplätze der Profis sowie die Plätze des Nachwuchsleistungszentrums. Da sind wir täglich auch acht bis neun Stunden beschäftigt.
DFB.de: Hat der Stellenwert der Platzpflege im Fußball zugenommen?
Lindermayer: Der Rasen spielt eine immens wichtige Rolle und das merkt man mittlerweile auch hier in Deutschland. In den letzten zehn Jahren gab es da einen enormen Wandel und der Rasen hat bis in die 3. Liga einen sehr hohen Stellenwert. Die Trainer und Spieler wünschen und fordern gute Bedingungen. Und ich finde, dass wir uns in Deutschland da auch sehr gut weiterentwickelt haben. Dabei hilft natürlich, dass Vereine mittlerweile mehr investieren, zum Beispiel in Hybridrasensysteme, in die Ausbildung der Greenkeeper*innen oder in Maschinen.
DFB.de: Sie sind schon ziemlich lange in dem Geschäft. Erleben Sie da auch die ein oder andere lustige Anekdote?
Lindermayer: Ich könnte mit Sicherheit zwei Bücher darüber schreiben, aber die meisten sind leider nicht für die Öffentlichkeit geeignet. Doch ohne jetzt irgendwelche Namen oder Vereine zu nennen: Es ist immer wieder so, dass Trainer auf einen zukommen und den Rasen gerne etwas länger wachsen lassen wollen, um einer vermeintlich spielstarken Mannschaft die Spiellust zu nehmen oder den Rasen etwas trockener wollen, um das Balltempo zu verlangsamen. Das sind so Tricks, um vielleicht einen kleinen Vorteil zu haben. Aber man muss sagen: In den vergangenen Jahren hat sich der Trend klar dahin entwickelt, dass jeder einen perfekten Rasen möchte. Entsprechend werden diese Anekdoten eher weniger als mehr.
DFB.de: Das Spielfeld in Unterhaching hat von den Teammanagern und Schiedsrichter*innen der 3. Liga eine hervorragende Durchschnittswertung erhalten: 9,1 Punkte von möglichen zehn Punkten. Haben Sie ein Erfolgsgeheimnis, wieso der Rasen in Unterhaching so gut ist, außer dass Sie mit ihrem Team viel Zeit und Arbeit investieren?
Lindermayer: Das ist schwierig zu beantworten. Ein richtiges Erfolgsgeheimnis gibt es nicht. Natürlich gehört die Grundpflege mit dazu: Aerifizieren, Vertikutieren, Düngen, Mähen, Wässern, Schäden nach Spiel und Training ausbessern. Man muss aber auch ehrlich sagen, dass ein Quäntchen Glück dazu gehört. Glück im Sinne vom Wetter: Wie ist das Wetter das ganze Jahr über? Wie ist es besonders bei den Spielen? Hat man öfters Regenspiele? Das sind alles Faktoren, durch die der Rasen mal mehr, mal weniger in Anspruch genommen wird. Ein großes Betriebsgeheimnis gibt es nicht. Wir treffen uns regelmäßig ein- bis zweimal im Jahr mit allen Greenkeeper*innen der Bundesliga, 2. Bundesliga und 3. Liga. Dort sprechen wir sehr viel miteinander und helfen uns auch. Von daher gibt es die großen Geheimnisse oder Besonderheiten im Profifußball nicht mehr.
DFB.de: Keine Unterhachinger Besonderheiten?
Lindermayer: Was bei uns besonders ist: Seit 2018 haben wir einen Hybridrasen verbaut – sowohl im Stadion als auch auf den Trainingsplätzen der Profis. Das bedeutet, dass der Naturrasen mit einem geringen Anteil Kunststoff angereichert ist. Dadurch wird der Boden stabiler und langlebiger gemacht. So können wir nun auch recht problemlos Trainingseinheiten im Winter im Stadion absolvieren, da es nur dort eine Rasenheizung gibt. Ein reiner Naturrasen würde das nicht lange mitmachen, zumindest nicht ohne erheblichen Qualitätsverlust.
DFB.de: Was bereitet Ihnen als Greenkeeper echte Sorgenfalten?
Lindermayer: Da gibt es einige Sachen. Die letzten Sommer, die sehr heiß waren, haben viele Sommerkrankheiten mit sich gebracht, die uns wirklich hart zu schaffen machen. Und im Winter sind es Schnee und Eis. Wir haben zwar eine Rasenheizung, was ja auch Pflicht in der 3. Liga ist, aber die ist auch keine Schneeschmelzmaschine. Wenn es vor dem Spiel nochmal heftig schneit, dann heißt es auch mal Hand anlegen. Und das tut dem Rasen nicht unbedingt gut.
DFB.de: Durch die aktuelle Pandemie ist diese Saison ja einiges anders. Inwiefern wird auch Ihre Arbeit dadurch beeinflusst?
Lindermayer: Unsere tägliche Arbeit ist davon recht wenig betroffen, aber unsere Vorbereitung auf den Restart und die neue Saison. Wir wussten ja lange nicht, ob und wie es weitergeht. Dann war lange unklar, wann die neue Saison losgeht. Deswegen war es für uns ein bisschen ein Lotteriespiel, wie intensiv wir pflegen. Zum Beispiel wollten wir den Platz abfräsen und neu einsäen, aber dafür hätten wir acht bis zehn gebraucht. Da wir allerdings nicht wussten, wann es weitergeht, ging das leider nicht. Von daher sind wir gespannt, wie wir durch den nächsten Winter kommen, weil wir gerne ein bisschen mehr im Sommer gemacht hätten, um so eine gute Grundlage für die gesamte Saison zu legen.
DFB.de: Was bedeutet Ihnen die erstmalige Auszeichnung als „Pitch of the Year“?
Lindermayer: Es ist definitiv eine schöne Geschichte für die Jungs, die tagtäglich auf dem Platz arbeiten, auf dem Mäher sitzen und sich acht, neun Stunden diesem Rasen widmen. Es ist aber auch für den Verein eine Bestätigung, dass es die richtige Entscheidung war, das Greenkeeping in die eigene Hand zu nehmen. Für uns ist es daher ein Wegweiser, dass wir auf dem richtigen Weg sind und es ist natürlich schön, dass auch von externen Vertreter*innen zu hören.
DFB.de: Haben Sie zum Schluss noch einen Tipp an alle Hobbygärtner*innen, die einen ähnlich guten Rasen haben möchten?
Lindermayer: Mir fällt immer wieder auf, dass unterschätzt wird, wie viel Arbeit in so einem perfekten Teppich steckt. Einige meinen, es reicht alle zwei Wochen zu mähen und ab und zu etwas zu düngen. Das ist aber nicht der Fall. Wer also einen richtig guten Rasen haben möchte, sollte Rasenpflege als Intensivhobby betreiben. Kleiner Tipp: Es lohnt sich, mal eine Bodenprobe zu entnehmen und mehr über die Nährstoffe im Boden zu erfahren. Daraufhin kann man dann den Dünger anpassen, was wahre Wunder bewirken kann.
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Erschienen auf dfb.de